Franziskanerkloster und Kreuzgang

Eine schlichte Schönheit im Stadtzentrum.

Mitten in der Stadt, aber abgeschieden durch eine hohe Mauer, auf einer tieferen Ebene als die umliegenden Gebäude, auch räumlich getrennt von der Hektik des Alltags, liegt das Franziskanerkloster in Bozen. Der Eingang zum Kreuzgang liegt fast versteckt zwischen Kirche und Klosterpforte. Dieser ebenso stille wie symbolträchtige Ort war Mittelpunkt des Franziskanerlebens, das sich um drei "Ks" drehte: Kreuzgang, Kloster und Kirche.

Der Kreuzgang diente zur Meditation, zur Begegnung, war Ort liturgischer Anlässe und Begräbnisstätte. Hier treffen die sichtbare Welt und die Glaubenswelt, Kultur und Natur sichtbar aufeinander: Ein viereckiger Gewölbegang, in der Mitte ein blühender Garten mit Brunnen. Die vier Seiten des im 14. Jahrhundert gebauten Kreuzgangs sind mit spätgotischen Gewölberippen geziert. Jede Seite weist dabei ein anderes Muster auf, schräg, gekreuzt... dem Betrachter erscheint es wie ein Reigen.

Bereits im Jahre 1221 werden die ersten Franziskaner in Bozen erwähnt. Nur wenige Jahre später entstand das erste Kloster auf demselben Platz wie heute. Auch wenn das nach zisterziensischen Architekturrichtlinien erbaute Kloster vor allem von Einfachheit und Schlichtheit geprägt ist, birgt es wunderschöne Kunstschätze.

Bemerkenswert die Fresken im Kreuzgang, deren älteste, zum Teil übermalte bzw. zerstörte Schicht auf die Schule Giottos zurückgeht. Die Darstellung der Kreuzigung besticht durch das plastische Mienenspiel der Gesichter. Die Hohen Priester und Pharisäer diskutieren unter dem Kreuz mit zusammengezogenen Stirnfalten und grimmigem Ausdruck. Johannes, Maria und einer Frauengruppe auf der linken Seite des Kreuzes steht hingegen der Schmerz ins Gesicht geschrieben.

Eine Rarität ist ein Fresko aus dem 14.Jahrhundert im Bozner Linearstil, das eine sogenannte Armer-Christus-Darstellung zum Gegenstand hat. Um die Leiden des Gekreuzigten besser zu verdeutlichen, hat der Künstler alle Folterwerkzeuge einzeln hervorgehoben: die Nägel, das Kreuz, die Dornenkrone, die Lanze, den in Essig getauchten Schwamm. Typisch für den Franziskanerorden ist eine neben dem Kreuz angebrachte Leiter mit Fußspuren zwischen den einzelnen Sprossen, die die Grundregel franziskanischen Lebens verdeutlichen: den Spuren Jesu folgen.

Bemerkenswert auch die Deckenmalerei des Kreuzgewölbes aus dem 17. Jahrhundert, das Medaillon mit Einsiedlern in frühromantischem Ambiente zeigt: illusorische Landschaften mit Ruinen und Brunnen. Auf Holztafeln, die die Gewölbekappen verschließen, hat sich ein Tiroler Franziskaner um 1780 am Leben des hl. Franziskus versucht, angefangen von der mythologisierten Geburt im Stall.

Die Dominikaner und Franziskaner waren im Mittelalter nicht nur als Bettelmönche sondern auch als geistige Elite ihrer Zeit bekannt. Von der Askese zu geistigen Höhenflügen.