Die Sage von König Laurin

Eine der schönsten Dolomitensagen erklärt legendenhaft, warum der Rosengarten, eine Bergkette im Westen der Dolomiten, in der Dämmerung rot erglüht: Demzufolge lag noch oben in den grauen Felsen des Rosengartens, dort wo sich heute das meist durch einen Schneefleck erkenntliche "Gartl" ausbreitet, einst der wunderschöne Rosengarten des König Laurin.

Laurin herrschte über ein Volk von Zwergen, das im Inneren der Berge nach Kristallen, Silber und Gold schürfte und besaß zwei Zauberwaffen, einen Gürtel, der ihm die Kraft von zwölf Männern verlieh und eine Tarnkappe, die ihn unsichtbar machte.

Da begab es sich, dass der König an der Etsch seine wunderschöne Tochter Similde vermählen wollte. Alle Adeligen der Umgebung wurden zu einer Maifahrt eingeladen, nur König Laurin nicht. Dieser beschloß daraufhin, als unsichtbarer Gast teilzunehmen. Als er am Turnierplatz Similde erblickte, verliebte er sich in ihr schönes Antlitz, setzte sie auf sein Pferd und sprang mit ihr davon.

Alsbald zogen die Recken aus, um Similde zurückzuholen und standen kurz darauf vor dem Rosengarten. König Laurin band sich den Wundergürtel um, der ihm die Kraft von zwölf Männern verlieh und stellte sich dem Kampf. Als er sah, dass trotz allem ins Hintertreffen geriet, zog er sich die Tarnkappe über und sprang, unsichtbar wie er nun zu sein glaubte, im Rosengarten hin und her.

Die Ritter aber erkannten an den Bewegungen der Rosen, wo der Zwergenkönig sich verbarg. Sie packten ihn, zerbrachen den Zaubergürtel und führten ihn in Gefangenschaft. Laurin, erzürnt über sein Schicksal, drehte sich um und belegte den Rosengarten, der ihn verraten hatte, mit einem Fluch: Weder bei Tag noch bei Nacht, sollte ihn jemals mehr ein Menschenauge sehen.

Laurin hat aber die Dämmerung vergessen und so kommt es, dass der Rosengarten bei Sonnenauf- und -untergang so unvergleichlich schön "erblüht".